Die russische Mentalität

Russische Mentalität

Mal unfreundlich, mal herzlich

Die russische Mentalität ist schwierig zu beschreiben und ein wenig seltsam. Kommt man in ein Geschäft hinein oder tritt an einen Fahrtkarten-Schalter fühlt man sich meistens nicht gerade willkommen. Viele Leute wirken genervt, dass man sie überhaupt stört. Wenn sich dann auch noch heraus stellt, dass man nicht mal Russisch kann, ist die Stimmung völlig im Eimer.

Meine persönliche Krönung war ein Sicherheitsbeamter am Bahnhof in Ekaterinburg, der auf die Frage, wo man denn die Fahrkarten kaufen kann, einfach nicht reagierte. Er guckte weiter in die Luft, wohl in der Hoffnung, dass wir schon wieder von selbst verschwinden, wenn er die Situation aussitzt.

Dann gibt es aber auch noch die Russen, die man vor allem in der Transsibirischen Eisenbahn in der 3. Wagenklasse kennen lernt. Diese sind freundlich und sehr interessiert an Ausländern. Sie wollen wissen wo man herkommt, wo man hin fährt, ob man Russland mag etc.

Da ist es auch egal, wenn man hundert Mal beteuert, dass man kein Wort Russisch versteht. Immer und immer wieder wird man irgendetwas gefragt. Auch das in die Transsibirische Eisenbahn mitgenommene Essen wird stets geteilt und angeboten. Von daher ist es nicht schlecht, wenn man selbst auch etwas hat, was man teilen kann. Eine weitere gute Möglichkeit im Zug mit den Einheimischen auch ohne gemeinsame Sprache in Kontakt zu kommen, ist das Kartenspiel Durak zu lernen, was in Russland fast jeder kennt.

Wie kommen diese beiden doch sehr unterschiedlichen Einstellungen? Ist man in Russland grundsätzlich schlecht gelaunt, wenn man arbeiten muss? Oder ist den Menschen im Zug einfach nur langweilig? Gibt es vielleicht eine konservative Schicht, die sich die alten Zeiten zurück wünscht, wo es noch nicht so viele Ausländer aus dem Westen gab? Ich muss gestehen, ich weiß es nicht. Wenn ihr wisst, woran das liegt, schreibt mir.

Vielen Dank an dieser Stelle an Norbert, der mir dafür eine einfache Formel geliefert hat: „Auf Arbeit habe ich schlechte Laune, weil ich etwas machen muss. Ansonsten habe ich gute Laune und bin sehr herzlich!“ Klingt einleuchtend 🙂

 

Das Nationalgetränk Wodka

Ein Vorurteil, welches sich für mich bestätigt hat, ist das russische Schwärmen für ihren Wodka. Gleich beim ersten Zwischenstopp der Transsibirischen Eisenbahn hinter Moskau, hatten sich mehrere Leute ein Fläschen am Bahnsteig geholt. Als uns der Kapitän eines kleinen Bootes netterweise auf die andere Seite des Baikalsees mitnahm, wollte er es sich nicht nehmen lassen, einen mit uns zu trinken.

Einmal durften wir sogar einen Vater dabei beobachten, wie er seinem etwa 12 Jahre alten Sohn in der Transsibirischen Eisenbahn mehr oder weniger heimlich von seinem Wodka abgab. Bei einer Tour über die Baikalsee-Insel Olchon gab es beim Zwischenstopp wirklich sehr leckere Fischsuppe. Unsere russischen Mitfahrerinnen (überwiegend Damen mittleren Alters) waren der festen Überzeugung, dass erst ein ordentlicher Schluck Wodka in der Suppe, ihr den richtigen Geschmack gibt. Ich glaube, ihr ahnt bereits, welches Getränk es zur Suppe gab. Es war übrigens Mittag und etwa 30° 😀

Alles in allem sind die Russen ein manchmal etwas seltsames, aber liebenswertes und lebensfrohes Volk.