In Birjusa bei Taischet

Reisetag 9: Montag, 10.9.2012, Birjusa, Transsib

Zuerst einmal verschliefen wir das Frühstück, obwohl es erst für 9:30 Uhr angesetzt war (dabei haben wir uns am Vorabend noch gewundert: „Was, so spät, was machen wir bis dahin?“). Zwar war Valentina wegen der Verspätung etwas verschnupft (klar, die hat mehr zu tun als auf uns zu warten), trotzdem schmeckte uns das Frühstück einmalig, erste Klasse. Gekocht wird hier nur aus dem eigenen Garten und Stall.

Unsere Unterkunft in Birjusa

Unsere Unterkunft in Birjusa

Heute konnten wir auch die Schönheiten sehen, die uns am Vorabend auch wegen der Dunkelheit verborgen waren: Den wunderschönen Garten mit den vielfältigsten Blumen (unglaublich, wie das Valentina in 4½ frostfreien Monaten schafft), den treuherzigen Wachhund (der wahrscheinlich und leider nie von der Kette kam), den „Haushund“, ein süßer, witziger Pekinese, das schöne Häuschen, ja, und das Klo stank auch nicht mehr (wegen der Kälte – am Morgen hatte es +2° – oder waren wir´s schon gewohnt?). Heute konnten wir auch die Dusche Marke Eigenbau´genau betrachten: Am Holzdach ein geschwärztes Faß, an die Fülleitung wird der Gartenschlauch angesteckt. Über ein Ventil kommt das Wasser im freien Fall in den Brausekopf, der direkt unter dem Faß montiert ist.

Mittags holte uns Tatjana zu einem Dorfrundgang ab. Sie ist schon seit Generationen in dem Ort mit rund 600 Einwohnern. Da sie vor ihrer Pensionierung Englischlehrerin in der örtlichen Schule war, konnten wir uns gut verständigen und unterhalten. Sie zeigte uns nicht ohne Stolz die Besonderheiten von Birjusa, erzählte uns Geschichten (die fehlende Brücke, über den Bären, …) und Geschichte samt Entwicklung der letzten Jahre, soziologische und soziale Zusammenhänge – kurz, es war sehr interessant, die Zeit verflog schnell. Wartete doch das nächste opulente Mahl auf uns: Eine erstklassige Suppe mit fleischgefüllten Nudeltaschen, eine Salatschüssel, Brot und Tee natürlich, und Melone.

Um 16 Uhr ging unser Ausflug in die Taiga los: Schenja, als Direktor der Polizeischule in Taischet sehr athletisch, holte uns mit seinem Aluminiumboot ab. Der Fluß Birjusa ist trotz Niedrigwasser recht breit, oftmals von kleineren und größeren Inseln durchsetzt. Mal brausten wir über den Fluß, mal ließ Schenja das Boot treiben, vor allem deshalb, weil er mit seinem Vierzack Fische für uns fangen wollte. Aber es gab keine, selbst Fischer, denen wir zusahen, hatten mit ihrem ausgelegten Netz nur wenig Ausbeute.

Der Ausblick von Weißberg

Der Ausblick von Weißberg

An einem Hügel, genannt „Weißberg“ wegen der weißen Wände, legen wir an und gehen hinauf. Die Aussicht, die sich uns bietet, kann man nicht beschreiben: der Horizont ist 100 km oder mehr weit entfernt, Wald, soweit das Auge sieht, zu unseren Füßen ein bißchen Wiesen und der Fluß mit seinen Inseln und Krümmungen. In der klaren Luft liegt eine Stille, die fast weh tut.

Sergej braust mit uns zurück und legt an einem Picknickplatz an. Blitzartig hat er Holz gemacht und Feuer, ein Dreibein aufgestellt, Kartoffeln gewaschen, geschält und zum Kochen aufgestellt, daneben den Tisch mit Tischtuch, Schüsselchen, Teller, Salaten und was weiß ich was noch gedeckt. Schon werden äußerst schmackhafte Stampfkartoffel aufgetragen, der Tee ist auch schon fertig, es schmeckt uns, als hätten wir seit 3 Tagen nichts gegessen.

Kaum zurück heißt es Abschied nehmen, viel zu schnell ist uns die Zeit vergangen. Es war ein kurzer Zwischenstop, den wir auf keinen Fall missen wollten. Gegen 20:30 Uhr bringt uns Alexej zum Bahnhof in TAISCHET. Der Zug ist wieder pünktlich und fährt um 21:13 Uhr OZ (= 16:13 MZ), gleich wieder ab.

Diesmal sind wir im „Rossija“, dem Zug Nr. 2, dem Nobel-Hobel unter den Regelzügen. Der Waggon der Moskauer Eisenbahnverwaltung ist auch wirklich edel: Fernseher im Abteil, Radio, bei jedem Bett Steckdose mit ständig Strom und Leseleuchten vorne und hinten, die Ausstattung ist recht anmutig. Auch das WC mit Waschtisch ist fast schon als luxuriös zu bezeichnen. Noch ein Schlummertrunk, oder ein zweiter, aber bald sind wir in den (angenehmen) Betten.